Philipp Hahn klagt über Zeitverluste
Liefern muss der am 29. April mit 90,7 Prozent der abgegebenen Stimmen gewählte Bürgermeister jetzt aber bei den Alternativen für die knapp 100 unterirdischen Stellplätze. Die waren bislang in den beiden privaten Bauvorhaben der Hechinger EJL-Gruppe auf dem HZ-Areal und den Nachbargebäuden zu finden. Doch seit diese Pläne nicht mehr mit den Vorgaben der Innenstadtentwicklung einher gehen, stehen Fragezeichen hinter dieser Lösung. Aber das mag so ein drängendes Problem auch nicht sein: Die Stadt hat, zumindest auf dem Papier, nachgewiesen, dass die auf dem Obertorplatz wegfallenden Stellplätze sehr wohl in der Oberstadt vorhanden sind.
Mit dem Parken zwischen Zollern- und Frauengartenstraße soll es ab diesem Jahr ein Ende haben: Die neue Platzgestaltung wird kommen, verspricht der Verwaltungschef. Im Haushaltsentwurf für 2019 sind 2,3 Millionen Euro eingestellt. Das wäre dann schon die zweite große Herausforderung, die Philipp Hahn als prima gemeistert für sich verbuchen kann.
Aber noch ist es nicht so weit. Denn auch für die bloße Neugestaltung drohen Stadt und Gemeinderat juristischer Ärger: Ein Anlieger, dem von Hahns Vorgängerin Dorothea Bachmann die Tiefgarage offenbar zugesagt worden ist, allerdings nicht schriftlich, droht mit dem Klageweg – und damit der erneuten Verzögerung. Juristische Schritte sind aber erst möglich, wenn es eine Bebauungsplanänderung geben würde. Die wiederum steht möglicherweise ins Haus, weil die Hauptdurchgangsstraße an die Westseite verlegt werden soll.
Doch Philipp Hahn ist zuversichtlich: Dieses Szenario kann abgewendet werden. Dazu müsste die Stadt den Bebauungsplan einfach aufheben. Dann bräuchte es keine Änderung, und es gäbe keinen Kläger. Dies ist ein Vorschlag, so lässt der Bürgermeister wissen, den SPD-Fraktionschef Jürgen Fischer zum ersten Mal vorgebracht hat. Ob die Stadt diesen Weg tatsächlich geht, lässt Philipp Hahn mit den Planungsbüros abstimmen. Vor allem aber muss die Sache „gerichtsfest“ sein. Und das kostet Zeit. Schon jetzt bittet der Verwaltungschef die Bevölkerung um Geduld. Auch wenn man schon so lange mit einem hässlichen Platz zu leben habe, müsse man es so angehen, dass es gut ausgeht.
Zeit haben und Geduld aufbringen. Beides würde der neue Bürgermeister der Zollernstadt sehr gern ersparen. Denn auch den 39-Jährigen selbst plagt die verschwendeten Energie: Es belaste ihn, sagt Philipp Hahn im Gespräch mit der HZ, dass Diskussionen um Weihnachtsbäume oder Leinenzwang so viel Zeit in Anspruch nehmen. Tage- und wochenlang habe man deshalb keine Zeit für die Stadtentwicklung.
Die liegt ihm schließlich ganz eng am 39-jährigen Herzen. Philipp Hahn begrüßt die Bauprojekte von EJL nach wie vor. Allerdings legt er halt Wert darauf, dass sie ins historische Bild der Stadt passen. So ist das Uraltgebäude Marktplatz 3, die frühere Rathaus-Apotheke, inzwischen zwar dem Erdboden gleichgemacht. Aber wie EJL dort baut und ob überhaupt, ist offen. Das sei eine sensible Lage, und Hechingen stehe unter erhöhter Beobachtung des Denkmalschutzes, sagt Hahn. Ähnliches dürfte fürs Gebäude Marktplatz 2 gelten, die frühere Hof-Apotheke. Die hat die Stadt ersteigert, und sie kann dort ganz allein gestalten.
Als wenig aufbauend empfindet es das Stadtoberhaupt, wenn behauptet wird, in anderen Städten sei alles besser. Schaue man auf die Fakten stimme das einfach nicht, erklärt Philipp Hahn. Es bestehe durchaus Grund für Hechingen, selbstbewusst zu sein. Die Schloßberg-Mensa, das Hallenbad und das Stadion nennt der Bürgermeister als aktuelle Beispiele dafür, dass manchen Mitbürgern nicht ausreichend bewusst sei, wie gut die Infrastruktur in der Stadt funktioniert. Hinzu kommen eine exzellente Kinderbetreuung, die noch weiter ausgebaut wird, und bald schnelles Internet – ein Vorhaben, das sich Hahn schon als Erster Beigeordneter auf seine Fahnen geschrieben hat. Dann gibt’s da plötzlich einen zweiten Interessenten für die Bebauung des Firstparkplatzes und sowieso und vor allem die Medizintechnik, Hechingens großer Gewerbesteuer- und Arbeitsplatzbringer. Die werde sich weiterhin überdurchschnittlich entwickeln, prophezeit das Stadtoberhaupt, das beim Blick in die Zukunft deshalb auch positiv gestimmt bleibt.
Der Politik- und Rechtswissenschaftler im Chefsessel des Hechinger Rathauses hält, was er im Wahlkampf versprochen hat: Er nimmt sich Zeit auch für die vermeintlich kleineren Dinge. Er hört vor Ort zu, wenn es in Schlatt Ärger ums Parkgen gibt, und er macht den Mediator, wenn Zoff ist wegen eines Kindergartenplatzes.
Würde Philipp Hahn nochmal den Bürgermeister-Job machen? Aber ja doch. Es hätte einen auch sehr gewundert, wenn er schon nach sieben Monaten etwas ganz anderes geantwortet hätte. Kann aber vielleicht irgendwann noch kommen.
Privatleben „Auch der prviate Herr Hahn funktioniert als Bürgermeister.“ Das versichert dieser auf die Frage der HZ. Bei annähernd 270 dienstlichen Abendterminen und Arbeitszeiten von 8 bis 22 Uhr und länger ist das freilich so selbstverständlich nicht. Die Erklärung: Ehegattin Mandy habe viel Verständnis für seinen Beruf – und er selbst bringt sich familiär ein, so gut es denn geht. Den nächsten großen Urlaub gibt’s familienfreundlich auf dem Bauernhof.
Rekordergebnis Er war der Hahn im Wahlkorb und hatte drei Konkurrentinnen. Die ließ der seit Oktober 2013 amtierende Erste Beigeordnete mit 90,7 Prozent der am 29. April abgegebenen Stimmen weit hinter sich. Mit Philipp Hahn ist erstmals seit langer, langer Zeit kein diplomierter Fachmann aus der öffentlichen Verwaltung Hechinger Bürgermeister. Und er zeigt: Das muss auch gar nicht sein! Offiziell im Amt als Verwaltungschef ist Hahn seit dem 1. Juni.